Sonntag, 11. November 2012

The Velvet Underground - The Velvet Underground & Nico (45th Anniversary)


Band : The Velvet Underground
Album : The Velvet Underground & Nico (45th Anniversary DeLuxe Edition)
Spielzeit : 78:29 (CD1), 72:41 (CD2)
Veröffentlichung : 26.10.2012
Plattenfirma : Polydor / Universal
Homepage : www:olivier.landemaine.free.fr

Wertung : 8 von 10

Tracklist:

CD1   The Velvet Underground & Nico + Alternate Versions
  1. Sunday Morning
  2. I'm Waiting For The Man
  3. Femme Fatale
  4. Venus In Furs
  5. Run Run Run
  6. All Tomorrow's Parties
  7. Heroin
  8. There She Goes Again
  9. I'll Be Your Mirror
  10. The Black Angel's Death Song
  11. European Son
  12. All Tomorrows Parties (Alternate Single Voice Version)
  13. European Son (Alternate Version)
  14. Heroin (Alternate Version)
  15. All Tomorrow's Parties (Alternate Instrumental Mix)
  16. I'll Be Your Mirror (Alternate Mix)
CD2  Scepter Studio Sessions + The Factory Rehearsals
  1. European Son
  2. The Black Angel's Death Song
  3. All Tomorrow's Parties
  4. I'll Be Your Mirror
  5. Heroin
  6. Femme Fatale
  7. Venus In Furs
  8. Waiting For The Man
  9. Run Run Run
  10. Walk Alone
  11. Crackin' Up / Venus In Furs
  12. Miss Joanie Lee
  13. Heroin
  14. There She Goes Again (With Nico)
  15. There She Goes Again

"Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters"

An dieser Aussage ist etwas Wahres dran, mit der entsprechenden Sichtweise macht das eine oder andere auf den zweiten Blick wirklich Sinn. Aber ab wann wird aus Schönheit Kunst ? 
Sucht man nach einer Erklärung dafür, findet man vielleicht Ansätze wie "Kunst ist Selbstverwirklichung, Kunst muss nur die Gefühle des Künstlers ausdrücken. Nicht mehr und nicht weniger, es geht nicht um Schönheit". Nun kann ein Kunstwerk natürlich, da der Künstler seine eigenen Grenzen von Gefühl und Selbstverwirklichung beim Erschaffen seines Werkes zugrundelegt, schnell zu Irritationen beim neutralen Betrachter führen...in diesem Fall beim Hörer.

Was nämlich passiert, wenn ein Musiker seine von Psychotherapien und Elektroschocks* geprägte Jugend verarbeiten und etwas Neues schaffen möchte, dann auf Gleichgesinnte mit Interesse an experimenteller Improvisationsmusik (John Cale) trifft, lässt sich am Debutalbum The Velvet Underground & Nico ganz wunderbar nachvollziehen. Lou Reed und John Cale sind die beiden Musiker, die im Jahre 1967, zusammen mit dem deutschen Model Christa Päffgen (Nico), der Schlagzeugerin Maureen Tucker und dem Rhytmusgitarristen und Bassisten Sterling Morrisson eine ebenso geliebte und wegweisende wie verstörende und gehasste, weil unverstandene Platte schufen.

Oberflächlich betrachtet handelt es sich einerseits um eine Ansammlung relaxt-lockerem, harmonischem Easy-Listening (Sunday Morning, Femme Fatale), Garage Rock (Run Run Run) und Pop (There She Goes Again), andererseits höchst verstörender Momente (Venus In Furs, Heroin, The Black Angel's Death Song, European Son). Diese Seite der Platte ist sicher ein Grund dafür warum viele Hörer schnell von ihr ablassen, kommen hier doch minutenlange Improvisationen, Disharmonien und Reeds geliebte Drones (langgezogene, repetierende Klänge) minutenlang durch. Gerade diese Dinge sind es jedoch, die neu und wegweisend für viele Nachfolgebands waren und diesen Türen öffneten. Brian Eno sagte einmal mehr als treffend: “Only five thousand people ever bought a Velvet Underground album, but every single one of them started a band.” Dem ist sicher nicht mehr allzu viel hinzuzufügen.

Nun ist die Erstveröffentlichung der ursprünglich gefloppten Scheibe bereits 45 Jahre her. Spult man die Zeit einmal zurück, wird einem bewusst welche richtungsweisende Alben in den Jahren 1966 und 1967 geschaffen wurden. Pet Sounds, Revolver, Blonde On Blonde, Sgt. Peppers Lonely Hearts Club Band, Are You Experienced?, heissen die bekanntesten Platten aus dieser Zeit, die in einer Reihe mit The Velvet Underground & Nico genannt werden. Jede für sich steht für unterschiedliche musikalische Ausrichtungen, alle hatten aber eines gemeinsam: Sie haben den Nährboden für unzählige Bands der heutigen Zeit bereitet, sie haben etwas Neues geschaffen und sind somit etwas ganz Besonderes. Und so schliesst sich der Kreis. 
Unabhängig davon ob es dem Hörer gefällt oder nicht, diese Platte ist ein Kunstwerk, das vielzitierte Bananencover Warhols blende ich da gerne aus, die Musik ist es die zählt. Sicher auch wegen ihrer verwirrenden Texte, die unter anderem von Drogenerfahrungen (Heroin, I'm Waiting For The Man) und SM-Phantasien (Venus In Furs) handeln.

Dass diese Platte im Laufe der Jahre, mit wachsender Legendenbildung auch Sammler immer mehr faszinierte, dürfte einleuchten. So wurden Proberaumaufnahmen, Alternative Mixe, Outtakes oder gar die jahrelang verschollen geglaubte Azetat-Pressung "Scepter Studio Sessions" geradezu verzweifelt gesucht. 

Dies nimmt Polydor/Universal nun zum Anlass dem Fan und Sammler echtes Futter anzubieten. Die vorliegende DeLuxe Doppel-CD stellt mit oben genannten Features die erschwingliche Variante dar. Die Krönung für den Fan allerdings ist wohl die "Super Deluxe 6 CD Definitive Box". Die schöne Box beinhaltet nebst Inhalt o.g. DeLuxe CD noch die Mono-Version des Albums, Nicos "Chelsea Girl" Album von 1967 und ein Live Konzert (Live at Valleydale Ballroom, Columbus, Ohio), sowie ein 88-seitiges Buch mit einer Fülle seltener Aufnahmen und Dokumenten. 
Damit dürften jetzt wohl alle denkbaren Raritäten und Seltenheiten veröffentlicht sein, es sei denn jemand gräbt irgendwann wieder etwas aus. Dann geht die Jagd von vorne los.

Meine Wertung ist eigentlich irrelevant. Trotzdem gebe ich eine ab, auch wenn es mir zugegeben schwerfällt. Ich habe mich nach langer Überlegung für 8 Punkte entschieden, denn trotz jeglicher Legendenbildung und Höchstplatzierungen in sämtlichen Bestenlisten hat die Platte ein paar undurchdringliche Momente die ein entspanntes und flüssiges Hören unmöglich machen und manchen Hörer verschrecken wird.

Gerne mag darüber diskutiert werden, doch mein Verständnis von vertonter Kunst weicht von dem der intellektuell-künstlerischen Musikszene (bzw. die sich dafür halten) vielleicht doch zu sehr ab.

* "They put the thing down your throat so you don't swallow your tongue, and they put electrodes on your head. That's what was recommended in Rockland County then to discourage homosexual feelings. The effect is that you lose your memory and become a vegetable. You can't read a book because you get to page seventeen and have to go right back to page one again."  (Lou Reed)


Bernd Fischer 

 







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